Viele Menschen befinden sich ein Leben lang in einem inneren Loyalitätskonflikt mit ihrer Ursprungsfamilie, ohne sich dessen bewusst zu sein. Durch folgende Fragen kannst du klären, ob das für dich der Fall ist:
- Fühlst du dich schuldig, wenn du deine Interessen und Träume verwirklichst?
- Hast du Sorge, dass sich andere Menschen durch deinen Erfolg schlecht fühlen könnten?
- Bist du hin- und hergerissen zwischen Ehrgeiz und dem Gefühl, um Erlaubnis fragen zu müssen?
- Wünscht du dir nichts mehr als Zustimmung für deine Entscheidungen?
Wenn du den meisten dieser Fragen zustimmst, befindest du dich in einem Loyalitätskonflikt mit deiner Ursprungsfamilie. Dieser Konflikt ist bei toxischen / dysfunktionalen Familien besonders ausgeprägt.
Ein Kind muss das Gefühl haben, die Welt erkunden, erforschen und erobern zu dürfen, ohne dass es dadurch die Bindung zu den Eltern verliert. Die ersten Erfahrungen mit Autonomie und Selbstverwirklichung, die zu Konflikten beim Kind führen können, finden etwa zwischen vier und sieben Jahren statt.
Stell dir einfach den Idealfall für ein Kind in diesem Alter vor und vergleiche ihn mit den Erinnerungen an deine Kindheit. Falls du kaum oder keine Erinnerungen an deine Kindheit hast, was bei traumatisierten Menschen häufig der Fall ist, kannst du dir sicher ungefähr vorstellen, wie deine Eltern auf deine ersten Versuche deine Freiheit zu erkunden, reagiert haben müssen. Du kennst deine Eltern.
Ein Kind sollte nicht den Eindruck gewinnen, dass Freiheit nur auf Kosten sicherer Bindung möglich ist.
Kinder entwickeln sich optimal, wenn das Zuhause als sicherer Hafen vorhanden ist und gleichzeitig die Exploration der Welt von der Familie unterstützt wird.
Durch toxische / dysfunktionale Familien kann es für Menschen zu einem lebenslangen Konflikt kommen, sobald diese sich entfalten und entwickeln möchten. Diese Menschen fühlen sich dann oft schuldig, wenn sie glücklicher sind als ihre Ursprungsfamilie. Das ungelebte Leben und nicht verwirklichte Glück der Ursprungsfamilie zieht an ihnen mit einem Gewicht wie aus Blei und lässt sie einfach nicht frei.
Unglücklichsein fühlt sich dann loyaler an, als glücklich und selbstbestimmt sein.
Entwicklung bedeutet aus den Rollen der Kindheit herauszuwachsen. Du hast ein Recht darauf erwachsen zu sein und anders als deine Ursprungsfamilie oder anders als die Erwartungen deiner Ursprungsfamilie an dich.
Es geht darum dir selbst und deiner Bestimmung gegenüber loyal zu sein.
Es ist daher hilfreich, wenn du deine Motive klar vor Augen hast:
- Es geht dir darum dich weiterzuentwickeln und nicht deine Familie abzulehnen. Toxische Familien verstehen das nicht. Du giltst als Verräter/in, sobald du Autonomie entwickelst.
- Es geht dir um gesunde Selbstentwicklung und darum als Erwachsene/r einen Beitrag in dieser Welt zu leisten. Durch deine Individualität. Was deine Ursprungsfamilie bewusst oder unbewusst verlangt, entspricht nicht der natürlichen Ordnung.
Wenn du dich in Richtung deiner Träume bewegst, kann es zu unruhigen Zeiten kommen.
Wichtige Entwicklungsschritte sind immer mit Wachstumsschmerzen verbunden, die sich furchtbar anfühlen können. Wenn du diese Symptome falsch deutest und pathologisierst, kann es sein, dass du in deiner Entwicklung stecken bleibst. Zeichen deines Wachstums können u.a. sein: Konzentrationsprobleme, erhöhte Verletzlichkeit, Angst vor Beschämung, Entscheidungsschwierigkeiten, Verwirrung.
Du fühlst dich in diesen Zeiten unsicher und unfähig dir selbst zu vertrauen. Es fühlt sich an, als wäre nichts mehr an seinem Platz. Deine neue innere Ordnung muss sich erst noch einstellen.
Quelle:
Gibson, L. C. (2020). Who You Were meant to Be: A Guide to Finding or Recovering Your Life’s Purpse. New Horizon Press.
