Ist mein Kind (auch) ein Narzisst?!

Überlebende toxischer Beziehungen, die gemeinsame Kinder mit einem narzisstischen Partner oder einer narzisstischen Partnerin[1]haben, machen sich meist große Sorgen, dass ihre Kinder auch narzisstisch sind oder es werden könnten. Diese Sorge ist berechtigt, denn Narzissmus ist ein intergenerationelles Problem, d.h. die narzisstischen Muster werden von Generation zu Generation weitergegeben. Es ist daher nicht außergewöhnlich, wenn manche Familien geradezu „gesegnet“ sind von Narzissmus – also Narzisstinnen und Narzissten, wo man nur hinschaut.

Überlebende aus narzisstischen Familiensystemen, die sich diese Fragen stellen, die diese Sorge umtreibt und die meist hart an sich arbeiten, um ihren Kindern bessere Vorbilder zu sein als die eigenen narzisstischen Eltern oder ein narzisstischer Elternteil, sind aber auch das beste Gegenbeispiel dafür, dass nicht alle Menschen aus narzisstischen Familiensystemen selbst zu Narzisstinnen und Narzissten werden. Dafür tragen diese Menschen ein besonders großes Risiko im späteren Leben wieder in toxische Beziehungen zu geraten. Denn ohne Verständnis über das Thema und darüber wie sie sich als Kinder in extrem dysfunktionalen Familiensystemen anpassen mussten, um zu überleben, wiederholen sie häufig das gleiche „Drama“ in späteren Beziehungen.

Die Sorge um die Kinder mit einem narzisstischen Partner oder einer narzisstischen Partnerin ist also berechtigt, aber gleichzeitig absolut kontraproduktiv. Es liegt nicht in der eigenen Hand, ob die Kinder sich in diese Richtung entwickeln oder nicht. Die Sorge darüber macht es sogar noch schlimmer. Denn Überlebende aus toxischen Beziehungen treibt oftmals eine Art Allmachtsphantasie um. Sie glauben andere Menschen durch Liebe, Verständnis und Mitgefühl verändern zu können. Dieser Glaube hat sie in der toxischen Beziehung gehalten und dazu geführt, dass sie sich über Jahre oder gar Jahrzehnte abgerackert haben, um Narzisst oder Narzisstin zu verstehen und zu verändern.

Die Gefahr ist dann, dass das ungesunde Verhaltensmuster mit den eigenen Kindern fortgeführt wird. Wieder liegt der Fokus vollkommen auf einem anderen Menschen. Wieder wird das eigene Selbst geopfert, um sich auf die Bedürfnisse eines anderen zu konzentrieren. Wieder wird nicht an der eigenen Heilung „gearbeitet“, sondern an der einer anderen Person.

Wenn du dich angesprochen fühlst, weil du gemeinsame Kinder mit einem narzisstischen Partner / einer narzisstischen Partnerin hast, empfehle ich dir:

  • Entspanne dich. Das Beste für dein Kind und für dich selbst ist es den Fokus auf dich zu richten und alles zu tun, um ein glücklicher und selbstbestimmter Mensch zu werden.
  • Du kannst deinen Kindern kein größeres Geschenk machen als dein Leben im Griff zu haben und dich selbst an erste Stelle zu setzen. Dadurch lernen deine Kinder, was Selbstbestimmung und Selbstrespekt ist.
  • Stelle deine Heilung und Entwicklung über alles andere in deinem Leben. Durch nichts profitieren deine Kinder mehr.
  • Bei allen Heilungsprozessen ist es hilfreich eine „höhere Macht“ einzubeziehen. Das hat nichts mit Religiosität zu tun. Es geht darum zu verstehen, dass bestimmte Dinge außerhalb deiner Kontrolle liegen. Es hilft dir, wenn du dich an diese höhere Macht wenden kannst. Wie das für dich aussieht, entscheidest du selbst.
  • Du brauchst einfach nur konsistent und verlässlich zu sein für deine Kinder. Das ist genug.

Haftungsausschuss: Die zur Verfügung gestellten Informationen dienen Bildungszwecken und sind kein Ersatz für eine klinische Versorgung. Bitte konsultieren Sie bei Bedarf professionelle Gesundheitsangebote für eine auf Sie zugeschnittene Beratung.


[1] Die Bezeichnung Narzisst / Narzisstin ist in Fachkreisen zum Teil umstritten. Es handelt sich hier ausdrücklich nicht um eine psychiatrische Diagnose bzw. eine Persönlichkeitsstörung. Was hier als Narzissmus bezeichnet wird ist ein Persönlichkeitsstil, der in Beziehungen großen Schaden anrichtet. Narzisstische Menschen zeichnen sich aus durch: Mangel an Empathie, Gefühl von Grandiosität, Berechtigungsdenken, Egozentrik, Unaufrichtigkeit und manipulatives Verhalten.

Veröffentlicht in:

Narzissmus, Psychologie

Über die Autorin

Julia Krawitz

Als Psychologin (Master of Science) unterstütze ich dich toxische Beziehungen in deinem Leben zu erkennen, mit toxischen Beziehungen umzugehen und dich vor weiteren toxischen Beziehungen zu schützen.

In toxischen Beziehungen wandelst du wie im Nebel. Ich unterstütze dich bei der Nebelklärung.

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