Es kann gut sein, dass du ziemlich viel Lebenszeit mit den falschen Leuten verbringst oder verbracht hast. Die Erkenntnis darüber kann sehr schmerzhaft sein. Das hängt mit toxischer Anpassung zusammen, die sich viele von uns in dysfunktionalen Beziehungen aneignen.
Wenn du bereits in der Kindheit nicht du selbst sein konntest, eine Rolle übernehmen und dich extrem anpassen musstest, wie das in allen dysfunktionalen, d.h. in toxischen Familien der Fall ist, dann fällt es dir später im Leben oft gar nicht mehr auf, wenn du dasselbe wieder tust.
Du hast gelernt nicht gesehen und verstanden zu werden, ständig im Stich gelassen zu werden und dich abrackern zu müssen, um dir nahestehende Menschen von dem, was dir wichtig ist, zu überzeugen. Du hast dich daran gewöhnt andauernd über Unstimmigkeiten hinwegzusehen, indem du dir sagst: „Ist doch nicht so schlimm“, weil dir dein innerer Kompass abhandengekommen ist.
Wahrscheinlich macht dir außerdem die Vorstellung große Angst andere Menschen zu verlieren, wenn du dich nicht mehr verbiegst, weil diese Gefahr in deiner Kindheit mit narzisstischen Eltern tatsächlich gegeben war. Für dein Überleben musstest du damals dein Selbst den Ansprüchen deiner Eltern unterwerfen.
Mit den falschen Leuten abhängen, heißt nicht, dass all diese Menschen toxisch sind. Toxisch ist deine Anpassung, die verhindert, dass du mit den Menschen abhängst, die dich verstehen und deine Werte teilen. Mit diesen Menschen musst du dich nicht abrackern, du musst sie nicht dauernd von dem, was dir wichtig ist, überzeugen, weil sie deine wichtigsten Werte ganz einfach teilen.
Wenn du in einer oder mehreren toxischen Beziehungen lebst, ist die Gefahr sehr groß, dass du auch sonst mit Leuten abhängst, die nicht zu dir passen. Ein Charakteristika toxischer Beziehungen ist deine Verleugnung und Verdrängung, dass es sich um eine giftige Beziehung handelt. Das hat u.a. mit der Destabilisierung deiner Psyche zu tun (Traumabindung), d.h. durch den ständigen unerwarteten Wechsel guter und katastrophaler Momente in der Beziehung.
Wenn du dich aus einer bedeutenden toxischen Beziehung befreit hast (das ist nicht immer so einfach möglich) oder wenigstens klar erkannt hast, dass du in einer toxischen Beziehung lebst, dann wird dir in der Folge möglicherweise überall in deinem Leben auffallen, wie sehr du dich selbst belogen hast. Lebenslügen haben dramatische Folgen für dein Wohlbefinden und dein Lebensglück. Du verschwendest deine kostbare Lebenszeit mit den falschen Leuten und falschen Dingen und entfremdest dich immer mehr von dir selbst.
Bei vielen Frauen tritt die extreme Selbstverleugnung in der Lebensphase um die dreißig ein, weil sie sich in ein vorgefertigtes Lebensmodell pressen: „Mann, Kinder, Haus, Hund“ und dafür verheerende Kompromisse mit sich selbst eingehen.
Wie im Märchen vom hässlichen Entlein lebst du unter den falschen Leuten und fühlst dich dabei wertlos und irgendwie fehl am Platz. Die Lösung besteht darin dich auf den Weg zu machen – zu deiner richtigen Familie. Das kann bedeuten, dass du einige Zeit alleine unterwegs bist. Dabei kommst du dir selbst umso näher. Irgendwann findest du deine Leute – Menschen, bei denen du dich nicht verbiegen und abrackern musst. Menschen, die deine wichtigsten Wert mit dir teilen und denen du dich als die zeigen kannst, die du bist. Selbst wenn du unter Umständen eine toxische Partnerschaft gerade nicht verlassen kannst, kannst du dich auf den Weg machen und andere gesunde, zu dir passende Beziehungen suchen.
Übung
Setze dich mit deinen Werten auseinander. Womit verhandelst du nicht? Schreibe darüber oder mache eine Liste (z.B. Aufrichtigkeit, Authentizität, Mitgefühl).
Gehe nicht mehr über Unstimmigkeiten in Beziehungen hinweg. Gehe sehr achtsam mit diesen um. Meist sind es wichtige Hinweise, die du beachten und möglicherweise aus ihnen Konsequenzen ziehen solltest.
