Warum du als Frau nicht ins Zentrum rücken sollst

Die Bühne ist der Ort, an dem du im Zentrum stehst. Wenn du es für dich tust und für das, was dir wichtig ist, d.h. wenn du dort selbstverständlich deine Themen und Werte vertrittst, gibt es kaum etwas Empowernderes. „Empowern“ meint ermächtigen, also dich mit Macht versehen.

Speaker oder Speakerin sein, d.h. öffentlich zu sprechen, hat immer mit Macht zu tun. In unserer Gesellschaft dürfen seit jeher nur mächtige Menschen, d.h. in erster Linie Männer öffentlich sprechen. Nur wem Macht zugestanden wird, dem wird zugehört und der wird ernst genommen. Das sind seltener Frauen bzw. müssen Frauen dafür sehr viel geleistet haben, was sich dann meist in Führungspositionen oder Titeln festmacht. Selbst dann werden sie von vielen Männern und Frauen der gleichen Hierarchieebene nicht ganz ernst genommen.

Zudem müssen sich diese Frauen an die männliche Norm von Macht anpassen – sie müssen genauso sprechen wie es mächtige Männer tun. Dadurch verlieren sie in unserer patriarchalischen Gesellschaft einen anderen Status des Frauseins, dem alle anderen (machtlosen) Frauen zugeordnet werden – die mächtige Frau ist in sexueller Hinsicht unattraktiv für den Mann. Denn die mächtige Frau wird für den Mann zum Mann, und fällt damit aus dem patriarchalischen Beuteschema.  

Unsere Gesellschaft ist zutiefst narzisstisch – sowohl auf struktureller als auch auf individueller Ebene. Es geht in allen Lebensbereichen um Macht, Dominanz und Kontrolle. Die US-amerikanische Psychologin und Autorin Dr. Ramani Durvasula geht davon aus, dass von zwanzig Personen vier narzisstisch sind. Das Hauptmerkmal dieser Menschen ist ein Mangel an Empathie, sie brauchen nichts dringender als im Zentrum zu stehen und es geht immer und ausschließlich um ihre Ziele und Bedürfnisse. Um sich mächtig zu fühlen unterdrücken, kontrollieren und missbrauchen Narzisst*innen empathische Menschen.

Auch wenn es narzisstische Menschen aller Geschlechter gibt, spielt strukturell betrachtet in unserer patriarchalischen Welt der männliche Narzissmus eine größere Rolle. Diesen unterstützen aber sowohl Frauen als auch Männer. Mächtige Männer haben Macht und Kontrolle über andere Menschen, insbesondere Frauen, und werden von Frauen und Männern dafür bewundert und unterstützt. So funktioniert das Patriarchat.

Eine Frau, die es wagt sich selbst mit ihrer Persönlichkeit ins Zentrum zu rücken und über Themen zu sprechen, die sie persönlich als wichtig erachtet, ist daher eine feministische Kriegserklärung an das Patriarchat und im persönlicheren Kontext den narzisstischen Mann. Eine Frau hat gefälligst still zu sein und dem mächtigen Mann Bewunderung zu zollen. Wenn sie ins Zentrum rückt, dann nur um dem grandiosen männlichen Selbstbild zu schmeicheln, d.h. dem patriarchalischen Frauenbild entsprechend als sexuelles Schmuckstück oder zumindest indem sie nur über Frauenthemen spricht.

Veröffentlicht in:

Feminismus, Speakerin

Über die Autorin

Julia Krawitz

Als Psychologin (Master of Science) unterstütze ich dich toxische Beziehungen in deinem Leben zu erkennen, mit toxischen Beziehungen umzugehen und dich vor weiteren toxischen Beziehungen zu schützen.

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