Auf der Bühne hast du die Kontrolle

Ich habe mein Leben lang zu den „attraktiven“ Frauen gehört. Heute, mit fünfzig Jahren, ist das wohl immer noch so, aber ich kann es jetzt endlich genießen, weil es mir nicht mehr wichtig ist. Es bestimmt mich nicht mehr und schränkt mich daher auch nicht mehr ein.

Aber ich fange mal am Anfang an…

Auf dem Gymnasium wurde ich von den Jungs als „das schönste Mädchen der Schule“ auserkoren. Ich weiß nicht wie lange ich diesen Titel trug und wann mir ein anderes Mädchen den Rang strittig gemacht hat, ein wenig stolz war ich jedenfalls schon. Gleichzeitig hat mich dieser Rang nachhaltig gelähmt, denn schließlich verbindet sich damit eine Erwartungshaltung. Jedes Überqueren des Schulhofs wurde zu einer echten Herausforderung, denn ich hatte das Gefühl, alle Blicke auf mich zu ziehen. Außerdem – viel dramatischer – wurde ich (spätestens) ab diesem Zeitpunkt meines Lebens von der Welt auf mein Aussehen festgelegt… ja, reduziert…

Als mein Ex-Mann und ich uns trennten, sagten viele Leute mit Bedauern: „Ihr ward so ein schönes Paar!“ Auch hier ging es den Leuten scheinbar um die äußere Erscheinung (die Verpackung) und nicht etwa darum, ob wir liebevoll miteinander umgegangen waren, ob wir uns gegenseitig gestützt und unterstützt hatten und Krisen gut meistern konnten.

Ich erzähle das, weil es ein grundlegendes Problem unserer Gesellschaft ist und ein Aspekt, der uns Frauen unsere Seele rauben kann. Mädchen, die auf ihr Aussehen festgelegt werden, glauben nur deshalb wertvoll zu sein. Sie verlieren den Zugang zu ihren inneren Räumen, zu dem, was sie eigentlich sind – ein Mensch mit Interessen, Fähigkeiten, Vorlieben und Eigenheiten.

Heute verstehe ich, warum ich Schauspielerin geworden bin. Ich wollte wenigstens die Kontrolle haben über das Publikum, das mich sieht, anschaut und bewundert.

Eine Bühne kann ein geschützter Raum sein, wo du entscheidest, was du von dir zeigst und wie du gesehen werden willst.

Die Bühne bietet dir die Möglichkeit Kontrolle darüber zurückzugewinnen, wie Menschen dich sehen, anschauen und betrachten. Du bist den Blicken der Welt dort nicht ausgeliefert, weil du entscheidest, was du von dir zeigen willst.

Auf der Bühne hast du in gewissem Sinne das Steuer selbst in der Hand.

Trotzdem sind viele Frauen im Rampenlicht blockiert bzw. scheuen diese Form von Sichtbarkeit, weil sie glauben dort schön sein zu müssen. Nicht so „attraktive“ Frauen sind daher oftmals freier, weil sie sich nicht so sehr über ihr Aussehen definieren. Viele Frauen ertragen es nicht einmal sich auf Videos zu betrachten, weil sie sich selbst brutal dafür abwerten „nicht schön genug zu sein“ und nicht ihrer Vorstellung vom perfekten Bild von sich selbst zu entsprechen.

Der Weg aus dieser Blockade heißt dich nicht mehr darauf zu konzentrieren wie du aussiehst, sondern auf das, was du zu sagen hast. Der Weg dorthin heißt dich nicht mehr in ein Format zu pressen, sondern du selbst zu sein. Der Weg dorthin bedeutet all deine inneren Räume wiederzufinden und den Zugang zu deiner Seele. Wenn dir das gelingt – es ist ein beständiger Prozess – wirst du dich selbst in einem anderen Licht betrachten und schön finden.

Du siehst dich dann als das, was du wirklich bist. Ein seelisches Wesen. Du wirst dann frei von formatierten Vorstellung über dich selbst.

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https://youtu.be/5GEg1d9azgs

Veröffentlicht in:

Feminismus, Speakerin

Über die Autorin

Julia Krawitz

Als Psychologin (Master of Science) unterstütze ich dich toxische Beziehungen in deinem Leben zu erkennen, mit toxischen Beziehungen umzugehen und dich vor weiteren toxischen Beziehungen zu schützen.

In toxischen Beziehungen wandelst du wie im Nebel. Ich unterstütze dich bei der Nebelklärung.

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