Du darfst deine Emotionen zeigen

Unser Gesichtsausdruck ist wesentlicher Bestandteil menschlicher Kommunikation. Die psychologische Forschung hat gezeigt, dass der Gesichtsausdruck zu bestimmten Emotionen nicht nur angeboren, sondern auch universell ist [1]. Für bestimmte Basisemotionen ist der Gesichtsausdruck bei uns Menschen also von Geburt an vorhanden. Allein die sozialen Regeln unterscheiden sich zwischen den Kulturen, d.h. wann es angebracht ist, welche Emotion zu zeigen und wann nicht. Diese kulturellen Unterschiede sind sozial erlernt.

Legt man Menschen weltweit Fotos mit den Emotionen Freude, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung vor, ordnen alle Menschen auf dieser Welt diese gleichermaßen zu.

Wenn du kommunizierst, kommunizierst du also nicht nur durch deine Worte, sondern zu einem großen Maß non-verbal, über deinen Körper und vor allem über deinen Gesichtsausdruck. Das erfolgt meist unbewusst. Genauso unterdrückst du aufgrund der gesellschaftlichen Normen, die du gelernt hast, bestimmte Emotionen in bestimmten Situationen. Ein Beispiel wäre, dass du deine Enttäuschung über ein negatives Feedback in einem Gespräch mit deiner Vorgesetzten unterdrückst. Bestimmte Mikro-Bewegungen deines Gesichts wirst du allerdings nicht unterdrücken können, weil die Emotion in dir getriggert wurde. Diese erkennt aber oft nur ein geschultes Auge.

Es gibt Situationen, in denen du andere Menschen erreichen und berühren möchtest. Beispielsweise wenn du auf einer Bühne über ein Thema sprichst, das dir wichtig ist. Dann macht es wenig Sinn deinen Körper- und Gesichtsausdruck zu unterdrücken. Es macht auch wenig Sinn deine emotionale Beteiligung zurückzunehmen, denn Menschen erreichen wir am besten emotional.

Im Schauspiel spricht man von Durchlässigkeit, d.h. geübte Schauspielerinnen können auf ihrem Körper, wie auf einem Instrument, Emotionen „abspielen“, indem sie diese in sich entstehen lassen und ihre Körper sie durchlässig sichtbar machen.

Für einen Vortrag oder eine Rede auf einer Bühne brauchst du nicht unbedingt die gleiche schauspielerische Durchlässigkeit und emotionale Virtuosität. Du solltest aber verstehen, dass ein „Poker Face“ Menschen nicht mitnehmen kann und dass es in Ordnung ist emotionale Beteiligung zu zeigen. Vielfach wurde uns das in der Kindheit abtrainiert, wenn uns unsere Eltern häufig mitgeteilt haben, dass man uns alles am Gesicht ablesen kann oder dass wir dauernd „so böse schauen“.

Neutrale Gesichtsausdrücke sind langweilig, daher ist auch ein Vortrag oder eine Rede langweilig, wenn sich die Rednerin emotional neutral zeigt. Du kannst das recht einfach ausprobieren: Lasse die Begeisterung, die Freude und die Neugier für dein Thema in dir zu, während du sprichst. Das wird dein Körper ganz automatisch nach außen tragen, wenn du es nicht unterdrückst. Dadurch wird das, was du sagst lebendiger und du musst dich nicht mehr so streng an einen statischen Plan halten, denn deine Emotion trägt dich auch noch viel besser durch dein Thema. Sie kann sozusagen zum roten Faden werden, der dich durch deine Rede führt.

Natürlich kommt es immer auf den sozialen Kontext an, wie stark du Emotionen zum Ausdruck bringen wirst. Eine politische Rede kann beispielsweise je nach Zielgruppe deutlich emotionaler sein, als die Verteidigung einer Dissertation. Trotzdem: Du darfst überall Emotionen zeigen. Das steckt Menschen an und nimmt sie für dein Thema mit.


[1] Ekman, P. (2003). Emotions revealed: recognizing faces and feelings to improve communication and emotional life. New York. NY: Times books.

Veröffentlicht in:

Körper, Psychologie, Speakerin

Über die Autorin

Julia Krawitz

Als Psychologin (Master of Science) unterstütze ich dich toxische Beziehungen in deinem Leben zu erkennen, mit toxischen Beziehungen umzugehen und dich vor weiteren toxischen Beziehungen zu schützen.

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