Du musst mit deinem Körper und deiner Seele anwesend sein

Kennst du den Unterschied zwischen Prozess und Inhalt?

Die meisten Menschen konzentrieren sich ausschließlich auf den Inhalt, beispielsweise wenn sie einen Vortrag halten oder einen Workshop anbieten. Dabei ist der Prozess oft noch wichtiger als der Inhalt, d.h. all das was an „Lebendigem“ im Augenblick geschieht. Das kann Zwischenmenschliches, Emotionales, Atmosphärisches oder Körperliches sein. Wenn du eine Rede hältst ist nicht nur entscheidend, WAS du sagst, sondern genauso wichtig ist, WIE du das sagst, was du zu sagen hast.

Da du ein körperliches und seelisches Wesen bist, musst du mit deinem Körper und deiner Seele anwesend sein.

Weißt du was Improvisieren bedeutet?

Die meisten Menschen glauben, dass Improvisation meint, dass man etwas nicht ganz so „rund“ und „perfekt“ macht. Oft sagen wir: „Dann müssen wir eben improvisieren“, wenn etwas gerade aus dem Ruder läuft. Für unvorhersehbare Momente ist die Fähigkeit zur Improvisation zwar ganz hilfreich, aber das ist nicht das, was Improvisation eigentlich ist.

Improvisation ist eine hohe Kunst und hat nichts mit Schludern oder Unvorbereitet sein zu tun. Improvisation ist nicht beliebig. Sie folgt eigenen Regeln. Nichts ist lebendiger als Improvisation, weil sie genau dem entspricht, was das Leben eigentlich ist. Ein beständiger Fluss von Gelegenheiten, die du aufgreifen kannst oder nicht und denen du deine persönliche Färbung gibst – eben wie es deinem Wesen und deiner Persönlichkeit entspricht. Improvisation meint im gegenwärtigen Augenblick zu erschaffen, durch deine Entscheidungen inneren oder äußeren Impulsen zu folgen oder nicht zu folgen.

In der Musik wird in einer bestimmten Tonart improvisiert, im Theater meist zu einem Thema, im Tanz zu einer Bewegungsqualität usw. Du kannst zu fast allem improvisieren und dennoch hat Improvisation nichts mit Chaos zu tun. Du gibst dich deiner inneren Führung hin, du übergibst dich deiner Kreativität, während dein Verstand den roten Faden spinnt.

Die meisten Menschen haben Angst vor ihrer Lebendigkeit, weshalb ihnen das Improvisieren schwer fällt. Sie töten den Prozess und halten den Inhalt statisch.

Kennst du den „tödlichen Moment“ von Powerpoint?

Im beruflichen Kontext gibt es kaum noch Menschen, die Vorträge ohne Powerpoint halten. Fast keiner würde das wagen. Wir folgen alle einem kollektiv formatierten und statischen Ritual, das keiner mehr hinterfragt. Ein Vortrag beginnt, die Rednerin stellt sich ihrem Publikum vor. Im ersten Augenblick ist noch Lebendigkeit im Raum und Begegnung. Die Rednerin ist körperlich und seelisch anwesend, wodurch sie ihr Publikum berühren und erreichen kann. Dann kommt das, was ich den „tödlichen Moment“ von Powerpoint nenne. Es erscheint die erste Folie und die Rednerin verschwindet neben der Leinwand, die den Inhalt statisch präsentiert. Nur sehr wenige Rednerinnen schaffen es „trotz“ Leinwand präsent und spürbar zu bleiben.

Noch katastrophaler sind Online-Veranstaltungen mit Powerpoint, wenn die Rednerin nur noch über ein kleines Kästchen sichtbar ist und der gesamte Bildschirm durch die Powerpoint-Folie eingenommen wird. Alles menschlich Bedeutsame, Zufällige, Spielerische geht verloren und wir starren auf statischen Inhalt, untermalt durch ein Stimmchen aus dem Off. Der so bedeutsame Prozess ist damit entleert, verhindert, abgetötet.

Als ob wir nicht fähig wären Inhalte zu verstehen, zu begreifen und mit unserem eigenen Wissen zu verbinden, ohne sie vor der Nase abgebildet zu bekommen. Als ob es so wichtig wäre, jeden Aspekt eines Vortrags mitlesen zu können, um ihn bloß festzuhalten, damit er uns sicher nicht entgeht und wir ihn wie mit Copy Paste in unserem Hirn abspeichern können. Wir reduzieren uns damit selbst. Denn es ist doch viel interessanter und ertragreicher uns von Worten frei inspirieren zu lassen.

Die unkritische und ausschließliche Verwendung vom Powerpoint spiegelt wider wie wir uns als Menschen sehen.

Wusstest du, dass Improvisation nichts anderes ist als Spiel?

Improvisation ist nichts anderes als Spiel. Spiel ist wiederum lebendiger Ausdruck unseres Seins, Offenheit für das, was kommen mag und totale Präsenz im gegenwärtigen Augenblick – mit Herz und Seele anwesend sein. Als Kinder haben wir ganz selbstverständlich improvisiert. Wir haben erfundene Geschichten erzählt, waren stundenlang mit Freundinnen in Rollenspielen unterwegs oder haben Puppen und andere Figuren ins Szene gesetzt. 

Als Erwachsene reduzieren wir uns auf körper- und seelenlose Trägerinnen von Inhalten und verhindern damit kreatives Erschaffen und echte Begegnung.

Veröffentlicht in:

Psychologie, Speakerin

Über die Autorin

Julia Krawitz

Als Psychologin (Master of Science) unterstütze ich dich toxische Beziehungen in deinem Leben zu erkennen, mit toxischen Beziehungen umzugehen und dich vor weiteren toxischen Beziehungen zu schützen.

In toxischen Beziehungen wandelst du wie im Nebel. Ich unterstütze dich bei der Nebelklärung.

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