(Selbst-)liebe geht über den Magen

Unsere allererste Beziehungserfahrung haben wir über die Nahrung gemacht. Als Neugeborenes wurden unser Unwohlsein, unsere Unruhe und unser Verlorensein in der Welt mit Füttern und Zuwendung beantwortet. Wurde liebevoll auf uns eingegangen, konnten wir nicht nur körperlich, sondern auch seelisch satt werden. Der Urzustand des Ganzseins konnte im Akt des Stilles wieder hergestellt werden. Im Idealfall wuchsen wir erst nach und nach und ganz langsam ins Getrenntsein heran.

Die Verknüpfung von Ernährung mit tiefem emotionalen Wohlbefinden wie Geborgenheit, Wärme, Ruhe, Entspannung und Sicherheit ist bei uns allen vorhanden. Gleichzeitig die Erfahrung von Mangel und Hungrig sein, wenn wir als Säuglinge erleben mussten, dass unsere wärmende Nahrungsquelle erst mit Schreien herbeigerufen werden musste. Noch intensiveres Mangelerleben, wenn sich unsere Bezugspersonen abwesend verhalten haben.

Ein Leben lang verbinden wir Essen mit Liebe und Aufgehoben sein. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort: Liebe geht über den Magen. Im Erwachsenenalter sind wir fähig uns selbständig zu ernähren und zu versorgen. Das gemeinsame Essen und gegenseitige Bekochen bleibt aber auch weiterhin ein Ausdruck von Liebe und Verbunden sein in erwachsenen Beziehungen. Schwierig wird es, wenn es in der Beziehung nur noch um Versorgen und Versorgt werden geht. Sei es über das Essen oder das „Geld nachhause bringen“.

Viele Eltern halten sich den Bereich der Ernährung bei ihren Kindern warm, um diese, längst erwachsen, auch weiterhin liebend gerne zu bekochen oder mit Leckereien zu versorgen und so ihre elterliche Liebe zum Ausdruck zu bringen.

Seelischen Schmerz und Mangel drücken wir ebenfalls über Ernährung aus. Bei Liebeskummer verschlägt es der einen den Appetit, während der andere den Frust in sich hineinfuttert. Auch in anderen Stresssituationen gibt es die Menschen, die ihre Ernährung herunterfahren und die Menschen, die zu viel zu sich nehmen.

Die tiefe Prägung uns mit Essen zu trösten, zu beruhigen und zu belohnen läuft unbewusst ab und hat mit unseren frühen Beziehungserfahrungen zu tun.

Extreme Formen der Ersatzbefriedigung durch oder Verweigerung von Essen, wie bei Essstörungen, sind Ausdruck tiefer seelischer Verletzungen und fehlender Selbstliebe. Sie können so weit gehen, dass die Existenz durch Nahrungsverweigerung oder extremes Überessen ausgelöscht wird.

Wie wir für uns selbst sorgen und unsere Ernährung gestalten, kann uns daher wertvolle Hinweise geben, über die wichtigste Beziehung unseres Lebens.

Wie wir uns ernähren hat immer mit der Beziehung zu uns selbst zu tun.

Veröffentlicht in:

Ernährung, Psychologie

Über die Autorin

Julia Krawitz

Als Psychologin (Master of Science) unterstütze ich dich toxische Beziehungen in deinem Leben zu erkennen, mit toxischen Beziehungen umzugehen und dich vor weiteren toxischen Beziehungen zu schützen.

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