Mannomann

Wenn Frauen in ihrem Leben den Feminismus für sich entdecken und daraufhin den männlichen Teil der Bevölkerung genauer unter die Lupe nehmen, werden sie plötzlich feststellen, dass eine nicht geringe Zahl ihrer Vertreter (keinesfalls alle!) in einer Art Vorpubertät stecken geblieben ist. Ungewiss bleibt dabei, ob diese Männer da jemals herausfinden, weil auffällig viele ältere Exemplare diese erstaunliche Form der Selbstüberschätzung an den Tag legen. Als hätte sich der sich selbst verherrlichende Mann gerade in dieser Generation verewigt, während der jüngere (leider nicht immer!) erfrischend bedacht und selbst-reflektierend daherkommt.

„Mannomann.“

Ich glaube wir Frauen sind so sehr an männliche Arroganz und Selbstüberhöhung gewöhnt, dass sie uns erst auffällt, wenn wir reifer werden oder eben Sinn und Zweck des Feminismus erkennen. Vielleicht kommen aber auch viele Frauen in ihrem Leben an einen Punkt, wo genug genug ist. Dann kommen Erinnerungen an würdelose Gespräche mit bevormundenden Vorgesetzten hoch, die wir still haben über uns ergehen lassen oder an Situationen, in denen wir das Spiel von IchDummWeilFrauDuSchlauWeilMann mitspielten. So haben wir uns brav und schüchtern bedankt, wenn ER uns für eine Idee lobte oder haben IHM völlig übertrieben Aufmerksamkeit und Bestätigung für ziemlich Banales geschenkt. Leider müssen wir dann auch zugeben, dass wir regelmäßig unser Hirn abgeschaltet haben, um als weibliche Hülle bei IHM auf Bewunderung zu stoßen.

Die Erinnerung an Selbsterniedrigung und Selbtverzwergung schmerzt. Wir fragen uns, warum wir uns das nur angetan haben. Waren wir unserer selbst so ungewiss, dass wir das seltsame Getue zwischen den Geschlechtern mitmachen mussten? Wollten wir den Mann schlicht nicht verunsichern – mit unserem Wissen, unseren Fähigkeiten, unserer Kreativität? Denn der Archetyp des Mannes ist stark und überlegen und wir Frauen haben uns diesen sogar gewünscht. Haben wir uns vor Selbstverantwortung und einer klaren eigenen Haltung gescheut? Dann kann Frau dem Mann auch nicht vorwerfen, dass er geworden ist, was er ist.

Ein Weg aus den ausgedienten Geschlechterrollen kann dann auch nur ein gemeinsamer sein. Ein Anfang wäre gemacht, wenn Frau aufhört sich selbst zum Zwerg zu machen und ständig gefallen zu wollen und Mann anfängt Frauen, Männern und nicht nur sich selbst zuzuhören.

Veröffentlicht in:

Feminismus

Über die Autorin

Julia Krawitz

Als Psychologin (Master of Science) unterstütze ich dich toxische Beziehungen in deinem Leben zu erkennen, mit toxischen Beziehungen umzugehen und dich vor weiteren toxischen Beziehungen zu schützen.

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