Heilung von narzisstischen Beziehungen – der Weg vom Objekt zum selbstbestimmten Subjekt

Liebe nährt unsere Seelen, unterstützt unser Wachstum und unser einzigartiges Potential, wenn die Liebenden versuchen, sich von dem narzisstischen Bedürfnis zu befreien, den Geliebten nach ihren Vorstellungen zu formen; wenn sie sich davon befreien, dem Geliebten ihre eigene Definition von dem aufzuzwingen, was er sein soll (vgl. Shawn, 2013).

In narzisstischen Beziehungen erleben Überlebende das Gegenteil von Liebe. Sie erfahren Gewalt durch eine traumatisierende Objektivierung. Die Betrachtung des anderen als reines Objekt, als Mittel zum Zweck, ist das Wesen narzisstischer Destruktivität. Narzissten sehen andere Menschen nicht als eigenständige und einzigartige Wesen, sondern immer nur als Potential für ihre Fähigkeit, sie zu formen.

Die Heilung von toxischen Beziehungen, insbesondere der destruktiven Objektivierung des heranwachsenden Selbst in der Kindheit durch narzisstische Eltern, bedeutet die Wiedererlangung der eigenen Subjektivität.

Eine ausreichend gute Mutter sieht das Wesen ihres Kindes. Sie bestätigt es, sie kennt es, sie akzeptiert es, sie wertschätzt es, sie fühlt mit ihm, sie versteht es, sie toleriert es, sie identifiziert sich mit ihm und sie liebt es (vgl. Benjamin, 1995). Im Gegensatz dazu ist die Unfähigkeit zu sehen, wer das Kind ist und was es braucht, der Kern narzisstischer Eltern.

Kinder narzisstischer Eltern sehnen sich ihr Leben lang danach, so gesehen und anerkannt zu werden, wie sie sind. Da die Spiegelung ihres Selbst in der Kindheit ausgeblieben ist, bleiben sie auf der Suche nach diesem Selbst. Sie suchen es vergeblich in der Bestätigung durch andere Menschen und indem sie zu dem werden, was andere von ihnen erwarten bzw. in ihnen sehen wollen. Da sie sich selbst nicht wahrnehmen, suchen sie sich in Spiegeln, die ihnen immer nur zeigen, wie sie sein sollen und nicht das, was sie sind.

Ohne das verlässliche Gefühl für ihr Selbst bleiben Menschen anfällig für narzisstische Objektivierung. Sie haben von Kindesbeinen an gelernt, dass sie den Bedürfnissen der Person dienen müssen, die sie besitzt.

Das Selbst kann nicht verloren gehen. Durch eine narzisstische Kindheit hatte es nur nie die Chance an die Oberfläche zu kommen. Es wurde noch nicht geboren, weil es keine liebevolle Zuwendung erfahren hat. Der Mensch entsteht als Subjekt, wenn er seine eigene von anderen Menschen getrennte Wirklichkeit, seine eigene Innenwelt erfährt, wenn er sein eigenes selbstbestimmtes Leben führt und sein Selbst vor Objektivierung durch andere bewahrt.

Literatur:

Shaw, D. (2013). Traumatic narcissism: Relational systems of subjugation. Routledge.

Hinweis: Narzissmus bezieht sich hier nicht auf eine psychiatrische Diagnose oder Persönlichkeitsstörung, sondern auf Narzissmus als Persönlichkeitsstil. Narzissmus ist keine Krankheit. Narzissten leiden nicht unter ihrem Persönlichkeitsstil. Sie sind jederzeit zurechnungsfähig und damit für ihr Handeln verantwortlich

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Veröffentlicht in:

Narzissmus, Trauma

Über die Autorin

Julia Krawitz

Als Psychologin (Master of Science) unterstütze ich dich toxische Beziehungen in deinem Leben zu erkennen, mit toxischen Beziehungen umzugehen und dich vor weiteren toxischen Beziehungen zu schützen.

In toxischen Beziehungen wandelst du wie im Nebel. Ich unterstütze dich bei der Nebelklärung.

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