Jeder kennt sie, die toxische Kollegin oder den toxischen Vorgesetzten, die einen regelmäßig in die Enge treiben. Nach jeder kurzen Begegnung oder jedem noch so flüchtigen Telefonat fühlst du dich falsch, schlecht und inkompetent. Außerdem bist du verwirrt, weil du nicht verstehst, was dein Unwohlsein ausgelöst hat. Weil du dich auf einmal klein, unscheinbar und unzulänglich fühlst, nimmst du an, dass es mit dir zu tun hat. Weil du dich falsch, schlecht und unfähig fühlst, bist du davon überzeugt, dass du auch falsch, schlecht und unfähig bist. Sonst würdest du dich nicht so fühlen. Dann wirfst du dir auch noch vor, dass du dich schlecht fühlst, was dein Unwohlsein weiter verstärkt.
Es hat nichts mit dir zu tun. Du bist nur in die toxische Falle getappt.
Du gehst einfach nicht davon aus, dass es Menschen gibt, die dich genau dort haben wollen, wo du nach einer Begegnung mit ihnen bist: im Bereich der Selbstzweifel und Unsicherheit. Du bist nicht darauf vorbereitet und tappst deshalb regelmäßig in ihre Falle.
Es handelt sich um Menschen, meist narzisstisch, denen es in zwischenmenschlichen Begegnungen um Macht und Dominanz geht. Sie wollen dich nicht auf Augenhöhe. Sie brauchen dich im Bereich der Selbstzweifel, damit sie sich überlegen fühlen können.
Zum Beispiel überraschen sie dich gerne mit Fragen oder Aufgaben, die eigentlich nicht in deinen Zuständigkeitsbereich fallen, stellen dir kritische Fragen zu laufenden Projekten, belehren dich frei von der Leber weg oder signalisieren dir nonverbal, dass sie sich dir deutlich überlegen fühlen und viel mehr wissen als du. Auch wenn sie eigentlich keine Ahnung haben.
Wenn du einmal genau hinschaust, fühlst du dich mit Nichten mit allen Menschen so erbärmlich. Da gibt es Kollegen oder Vorgesetzte, bei denen du nicht regelmäßig mit dem Rücken zur Wand stehst und dann anfängst zu rudern, indem du wie blöd anfängst deinen Wert und deine Kompetenz zu beweisen oder dich zu rechtfertigen.
Es gibt genug Menschen, die dich nicht verunsichern wollen, die deine Kompetenz und deinen Wert nicht in Frage stellen müssen. Das kommt ihnen gar nicht in den Sinn, weil sie keine Macht über dich haben wollen und sich nicht überlegen fühlen müssen.
Toxische Menschen sind in der Regel sehr selbstbewusst und verstehen es meisterhaft, Schmerz- und Triggerpunkte bei anderen Menschen für ihre Machtspiele zu nutzen. Dazu bedarf es keines besonderen Genies, denn diese Schwächen sind bei den meisten Menschen sehr ähnlich. Man muss sie nur gezielt ausnutzen. Ihr Vorteil: Du rechnest nicht mit ihrer Hinterhältigkeit. Vielleicht glaubst du sogar, dass du es mit unglaublich kompetenten und überzeugenden Menschen zu tun hast, die dir weit überlegen sind.
Deshalb ist es schädlich, zu viel mit toxischen Menschen zu tun zu haben. Sie schaffen es tatsächlich, dein Selbstbild zu verzerren und dein Selbstwertgefühl zu schwächen. Vor allem dann, wenn du keine Vergleichsmöglichkeiten mehr hast, d.h. Menschen um dich herum, die dich nicht in die Enge treiben oder subtil abwerten.
Der Weg aus der toxischen Falle:
- Wissen, dass es toxische Menschen gibt und verstehen, worum es ihnen geht.
- Toxische Menschen, wenn möglich, meiden.
- Wenn du ihnen nicht ausweichen kannst, musst du dich wappnen. Allein das Wissen, dass sie es darauf anlegen, dass du dich klein, unscheinbar und inkompetent fühlst, wird dir helfen, anders mit ihnen umzugehen.
- Du darfst dich schützen, indem du schauspielerst. Toxischen Menschen muss man keine Angriffsfläche bieten.
Hinweis: Narzissmus bezieht sich hier nicht auf eine psychiatrische Diagnose oder Persönlichkeitsstörung, sondern auf Narzissmus als Persönlichkeitsstil. Narzissmus ist keine Krankheit. Narzissten leiden nicht unter ihrem Persönlichkeitsstil. Sie sind jederzeit zurechnungsfähig und damit für ihr Handeln verantwortlich.
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